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Sphären vs. Asphären

Unterschiede & Anwendungsbereiche

Lesezeit: 10 min - Wörter: 2016

Geometrie, Vorzüge und Anwendungsfelder sphärischer und asphärischer Optiken

Eine der auf dem Optikmarkt am häufigsten nachgefragten Linsenformen ist nach wie vor die Sphäre. Aufgrund ihres ausgereiften Designs und zielgenauer Fertigungsmöglichkeiten wird sie hohen optischen Qualitätsansprüchen gerecht. Inzwischen ist auch die wirtschaftliche und hochgenaue Fertigung von Asphären realisierbar. Die Anwendung asphärischer Linsen in modernen Systemen, wie bspw. der Medizintechnik oder Lasermaterialbearbeitung, wurde erst durch modernste Technik möglich. Bis heute konnte die Herstellung beider Linsentypen durch ausgereifte CNC-Technologie, intelligente Steuerungs-Software und interferometrische Messtechniken immer weiter optimiert werden. Unterschiede zwischen Sphären und Asphären finden sich vor allem hinsichtlich ihrer Geometrien und daraus resultierend der Komplexität ihrer Fertigung und Vermessung.

Sphärische Linsen

Sphären sind rotationssymmetrische Optiken, deren Form dem Ausschnitt einer Kugeloberfläche entspricht (Abb. 1). Der Krümmungsradius weist einen unverändert großen Abstand zum geometrischen Mittelpunkt auf. Das heißt, allein mit der Angabe eines Parameters, des Radius R, kann die optisch wirksame Fläche beschrieben werden. Da dieser Parameter über die gesamte Oberfläche konstant ist, ergeben sich bei Sphären insbesondere kostenseitige Fertigungsvorteile.

Abbildung 1: Beschreibung der optisch wirksamen Fläche einer Sphäre mittels Radius
Abbildung 1: Beschreibung der optisch wirksamen Fläche einer Sphäre mittels Radius


Fertigungsvorteile von Sphären

In Hinblick auf Fertigungskosten erzielt die Sphäre klare Vorteile. Grund hierfür ist ihre Geometrie. Die gleichmäßige Form der Kugeloberfläche sorgt vor allem bei kleinen Durchmessern für einen unkomplizierten Fertigungsprozess und kürzere Fertigungszeiten, da mehrere Optiken gleichzeitig auf einem Tragkörper gefertigt werden. Gleiches gilt für die Prozesse der optischen Kontrolle und Vermessung, da über die gesamte Oberfläche gleichmäßige und somit schnell generierbare Ergebnisse gemessen werden können. Anwendung finden bei der Vermessung von sphärischen Oberflächen taktile Messverfahren (z.B. Profilometer oder 3D Koordinatenmessgerät), aber auch optische Messverfahren, wie Interferometer und computergenerierte Hologramme (CGH). Wie auch bei anderen Optiken gilt für die Wahl des Messinstrumentes ein Vergleich von Aufwand und Nutzen, um tatsächlich entscheiden zu können, welche Methode eingesetzt wird.

Anwendungsbereiche für Sphären

Anwendung finden Sphären in vielfältigsten Bereichen, z.B. in der Messtechnik, in der Luft- und Raumfahrt (innerhalb von Satelliten verbaute Spektrometer) oder der Medizintechnik (Spaltlampen zur Untersuchung des vorderen Augenabschnitts). Durch die Kombination aus günstigen Fertigungskosten, schnellen Produktionszeiten und optisch breitgefächerter Einsatzfähigkeit sind Sphären ein fester Bestandteil des optischen Marktes und überzeugen durch ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Anwendungsoptimierungen sphärischer Einzellinsen

Je nach Form werden die sammelnden, streuenden oder fokussierenden Eigenschaften der Sphäre genutzt, um einfallendes Licht im gewünschten Maße zu brechen. Beispielsweise bei abbildenden Systemen spielt eine hohe Bildqualität die entscheidende Rolle. Diese geht mit niedrigen Abbildungsfehlern einher. Zudem kann sie - je nach Anforderungen an das bestehende System - durch die Berücksichtigung verschiedener Faktoren gesteigert werden. Dazu zählen beispielsweise die Lage der verwendeten Lichtquelle oder die Wahl einer effektiven Blende. Die Bildqualität kann auch durch den Einsatz mehrerer Sphären verbessert werden, jedoch ist dies eine Frage der Linsenform und der bestehenden Platzverhältnisse des optischen Systems. Bei der Wahl einer effektiven Blende kann auch die sphärische Aberration gemindert werden. Grund hierfür ist die Blockierung der peripher einfallenden Strahlen. Die peripher zunehmende Krümmung und die damit stärkere Brechung der Strahlen begünstigt ohne Blende die Entstehung sphärischer Aberrationen.

Kombination mehrerer sphärischer Linsen

Durch die Kombination einer oder mehrerer Sammel- und Zerstreuungslinsen entsteht ein Achromat. In der Regel handelt es sich dabei um eine positive Konvexlinse geringer Brechzahl (Kronglas) und eine negative Konkavlinse geringer Brechzahl (Flintglas), welche miteinander verkittet werden. Dadurch entsteht ein optisches System, das zur Verbesserung der sphärischen, aber auch der chromatischen Aberration führt. Anwendung finden Achromaten z.B. im Bereich der Fotografie, innerhalb von Fotoobjektiven.

Asphärische Linsen

Müssen bei einem optischen Aufbau verschiedene Faktoren, wie z.B. eine hohe Abbildungsqualität, numerische Apertur oder maximale Platzeinsparung berücksichtigt werden, ist die Asphäre die beste Wahl. Asphärische Linsen sind rotationssymmetrische Optiken, deren Krümmungsradius radial vom Mittelpunkt der Linse abweicht. Dank dieser speziellen Oberflächengeometrie können Asphären die Abbildungsqualität optischer Systeme, im Vergleich zu sphärischen Linsen, signifikant erhöhen. Ihre unterschiedlichen Krümmungsradien bedingen die Abweichung von einer Kugeloberfläche (Abb. 2).

Abbildung 2: Beschreibung der optisch wirksamen Fläche einer Sphäre im Vergleich zur Asphäre
Abbildung 2: Beschreibung der optisch wirksamen Fläche einer Sphäre im Vergleich zur Asphäre


Ersichtlich wird die Abweichung zur Kugelform bei genauerer Betrachtung der abflachenden Radien hin zur Linsen-Peripherie. Im Allgemeinen gilt die Aussage: Eine Linse ist eine Asphäre, sobald ihr Radius von der Kugelform abweicht. Der Radius der Linse wird dabei so festgelegt, dass es - wie in Abb. 3 ersichtlich - zu einer Bündelung der einfallenden Strahlen kommt, die sich in einem gemeinsamen Fokuspunkt schneiden und damit die sphärische Aberration verhindern. Die Asphäre ist deshalb eine optimierte Fokussieroptik. Im Vergleich dazu steht die Sphäre, deren einfallende Strahlen mit zunehmender Entfernung von der optischen Achse deutlich stärker abgelenkt werden und sich nicht in einem gemeinsamen Punkt treffen (Abb. 3). Die Folge der durch die Sphäre entstehenden Aberration sind leicht verschwommene, unscharf wirkende Abbildungen. Mittels Asphären lässt sich die Abbildungsqualität folglich erhöhen.

Abbildung 3: Korrektur der sphärischen Aberration durch eine Asphäre
Abbildung 3: Korrektur der sphärischen Aberration durch eine Asphäre


Mathematische Beschreibung von asphärischen Flächen


Hinsichtlich ihres optischen Designs weisen asphärische Oberflächen im Vergleich zu Sphären eine höhere Anzahl von Freiheitsgraden auf, wodurch komplexere Flächen konstruiert werden können. Definiert wird die optisch wirksame Fläche rotationssymmetrischer Asphären traditionell durch folgende Asphären-Formel:

z ( h ) = h 2 R ( 1 + ( 1 ( 1 + k ) h 2 R 2 + i = 2 n A 2 i h 2 i

Mit folgender Aufschlüsselung der Parameter:

z = Pfeilhöhe
h = Abstand senkrecht zur optischen Achse (Einfallshöhe)
R = Radius
k = konische Konstante
A2i = asphärische Koeffizienten des Korrekturpolynoms

Sind die Asphärenkoeffizienten gleich null, entspricht die Oberflächenform einem rotationssymmetrischen Kegelschnitt. Dieser äußert sich folgendermaßen:



Konische Konstante Kegelschnitt
k = 0 Kugel
k > -1 Ellipsoid
k = -1 Paraboloid
k < -1 Hyperboloid

Seit der im Jahr 2015 erschienenen Erneuerung der ISO 10110, gibt es eine alternative Beschreibungsform für asphärische Oberflächen. Diese basiert auf einem Satz orthonormaler Polynome, sogenannter Qbfs-Polynome, die den Durchbiegungsunterschied zur am besten angepassten Sphäre der Asphäre modellieren. Der Oberflächenquotient wird in der folgenden Formel angegeben:


z ( h ) = h 2 R [ 1 + 1 h 2 R 2 ] + ( h h 0 ) 2 [ 1 ( h h 0 ) 2 ] 1 ( h R ) 2 m = 0 N A m Q m ( h 2 h 0 2 )

Vorteilig an der neuen Beschreibung ist, dass weniger signifikante Ziffern zur Beschreibung der Oberflächenform erforderlich sind. Zudem kann die maximale Durchbiegungsabweichung geschätzt werden, indem der größte Koeffizient Am mit der maximalen Amplitude für die Ordnung dieses Koeffizienten multipliziert wird (vgl. Abb. 4).


Abbildung 4: Grafische Darstellung Qm
Abbildung 4: Grafische Darstellung Qm


Verkleinerung eines optischen Systems durch Asphären

Ein weiterer Vorteil asphärischer Linsen gegenüber konventionellen Linsen findet sich in der Einsparung der Baulänge eines optischen Systems. Ein Beispiel lässt sich im Bereich der Strahlaufweitung finden, mit dem monolithischen Beam Expander von asphericon. Bestehend aus nur einer einzigen Linse konnte durch die Asphärisierung einer der beiden Linsenflächen ein afokales System realisiert werden, welches Strahlen, auch große Strahldurchmesser, ohne Öffnungsfehler aufweiten kann. Durch den afokalen Charakter dieses Systems, lassen sich mehrere Monolithen in Reihe schalten. Hierdurch kann bei zeitgleich hoher Variation der Gesamtvergrößerung des Strahldurchmessers, eine Verkleinerung des optischen Systems realisiert werden. Das von asphericon entwickelte Strahlaufweitungssystem a|BeamExpander verkürzt die Gesamtlängen im Vergleich zu konventionellen Systemen um bis zu 50%. Zur Veranschaulichung dient nachfolgend die Darstellung eines Kepler- und Galilei-Teleskops mit 10-facher Vergrößerung (M=10). Gegenübergestellt ist diesen der a|BeamExpander bei identischer Vergrößerung, aber halbierter Baulänge.




Das Phänomen der Systemverkleinerung ist auch in weiteren optischen Anordnungen zu finden, z.B. innerhalb von Foto-Objektiven. Ein zusätzlicher vorteiliger Nebeneffekt ist die Gewichtsreduzierung. Im Falle von „jedes Gramm zählt“, kann so eine enorme Ersparnis erzielt werden, beispielsweise im Bereich der Inspektion durch Satelliten, wie dem Satelliten Sentinel-4. Initiiert durch das Copernicus-Program der EU und der ESA, liefert der Sentinal-4 Satellit durch zwei hochauflösende Spektrometer zuverlässige Echtzeitdaten für das Umweltmanagement Europas und Nordafrikas.

Fertigung und Vermessung von Asphären

Ebenso wie Sphären, können auch Asphären durch verschiedene Verfahren hergestellt werden, z.B. durch Schleifen und Polieren. Lange galt der Mythos, dass asphärische Linsen nur für Labor, F&E-Projekte oder den Prototypenbau geeignet seien und ihr Einsatz in größeren Stückzahlen nicht wirtschaftlich sei. Mit modernen Fertigungs- und Vermessungstechnologien können auch Asphären mit reproduzierbaren Genauigkeiten in Serie hergestellt werden. Durch Erhöhung der Losgröße verteilen sich die Rüstkosten, was schließlich zu geringeren Stückpreisen führt. Weltweit einzigartig ist dabei die komplett digitalisierte Fertigungswelt bei asphericon. Über ein selbst entwickeltes, softwarebasiertes Steuerungstool werden sämtliche Prozess-, Informations- und Fertigungsschritte vom ersten Kundenkontakt bis zum Versand des finalen Optiksystems digital gesteuert (Abb. 6). Der Fertigungsdurchlauf kann hierdurch deutlich optimiert, die Ausbeute durch einfache Datenanalyse (Soll-Ist) erhöht und der Datentransport verlustfreit organisiert werden. Damit einher gehen die zunehmende Automatisierung von Fertigungsprozessen sowie die digitale Ansteuerung von Lieferanten- und Logistikprozessen.


Abbildung 6: Schematischer Fertigungsprozess der asphericon basierend auf der eigenen Steuerungssoftware
Abbildung 6: Schematischer Fertigungsprozess der asphericon basierend auf der eigenen Steuerungssoftware


Durch ein hohes Maß an Flexibilität hinsichtlich der Auswahl der Werkzeuge hat sich auch das Spektrum an realisierbaren Optikformen deutlich erhöht. So hat die Geometrie einer Asphäre sinkende Auswirkungen auf die Kosten. Neben der Auswahl des Materials und dem Durchmesser einer Optik, schlagen sich vor allem Oberflächenformabweichung und die Güte der Oberfläche auf die Herstellungskosten nieder.

Auch die Vermessung von asphärischen Linsen ist in den letzten Jahren deutlich schneller und unkomplizierter geworden. Technologien wie die Vermessung mit einem CGH, interferometrische Verfahren und taktile Vermessung mittels Taster wurden, wie die Herstellung selbst, weiter optimiert. Darüber hinaus wurden neue Messverfahren entwickelt, wie z.B. die Tilted Wave Interferometrie. Diese nutzt unterschiedlich gekippte Wellenfronten und ermöglicht die Vermessung optischer Oberflächen in nur 20 bis 30 Sekunden. Berührungslos erfasst das Messsystem Optiken in vielen Subaperturen, fasst die Interferenzmuster dieser zu einer Oberflächentopografie zusammen und bestimmt dabei die Abweichungen zur Soll-Form.

Einsatz von Asphären

Dank ihrer Eigenschaft, unter anderem sphärische Aberrationen zu korrigieren, finden sich Asphären in einer Vielzahl von Anwendungen, z.B. in den Bereichen Messtechnik und Bildgebung, sowie innerhalb von Laseranwendungen (vgl. Abschnitt Verkleinerung eines optischen Systems durch Asphären mit einem Beispiel zur Aufweitung von Laserstahlen). Sie ergänzen bspw. moderne Fluoreszenzmikroskope, Projektionssysteme oder den optischen Aufbau eines Lasersystems. Durch den besonderen Vorteil der Systemverkleinerung, gegeben durch den Austausch sphärischer Linsen durch Asphären in optischen Systemen, kann zusätzlich das Gewicht reduziert werden, was z.B. im Bereich der Luft- und Raumfahrt eine entscheidende Rolle spielt. Durch die Gewichtsreduktion kann z.B. der Treibstoffverbrauch beim Entsenden eines Erdbeobachtungssatelliten gesenkt werden.

Sphären vs. Asphären – Ein abschließender Vergleich

Mit Bezug auf die Abbildungsqualitäten dominieren Asphären deutlich, jedoch schlägt sich dies im Vergleich zur sphärischen Linse noch immer im höheren Fertigungs-/Vermessungsaufwand und somit in höheren Kosten nieder. Dem wirkt jedoch die Einsparung von einzelnen Linsen entgegen. Einen Vergleich beider Linsen-Geometrien zeigt die nachfolgende Tabelle.



Sphären Asphären
Symmetrie Rotationssymmetrisch Rotationssymmetrisch
Abstand des Krümmungsradius zum Mittelpunkt Gleichgroß Extrem variabel
Oberflächenform
Bi-konvex - Konvex/plan - Konvex-konkav (zusammenlaufender Meniskus) - Konvex-konkav (divergierender Meniskus) - Plan-konkav - Bi-konkav
Korrektur sphärischer Aberration Eingeschränkt möglich Möglich
Fertigungs- und Kontrollaufwand im Vergleich Geringer Höher
Vermessung Optisch und taktil, 2D und 3D Optisch und taktil, 2D und 3D
Kosten im Vergleich Niedriger Höher



Auch durch die Kombination beider Linsentypen können sehr gute Abbildungseigenschaften erzielt werden, was vor allem im Preis-Leistungs-Verhältnis überzeugt, sowie in Baugröße und Gewicht des optischen Aufbaus. Da Sphären in der Regel dennoch die kostengünstigere Alternative darstellen wird oft versucht, die Anzahl der Asphären so gering wie möglich zu halten und dennoch sehr gute Abbildungsergebnisse zu erzielen. Wichtig für die Entscheidung, welcher Linsentyp für die optische Aufgabe am besten geeignet ist, hängt ganz von den jeweiligen Einsatzgebieten und den optischen Anforderungen an die Abbildungsqualität ab. Aus Sicht der Fertigung lässt sich prognostizieren, dass sich - durch die sich stetig verbesserte Software und der fortschreitend weiterentwickelten Fertigungstechnologie im Produktionssektor - Faktoren wie die Bearbeitungsdauer zwischen Sphären und Asphären zunehmend angleichen werden. Immer mehr wird sich der Fokus auf die Oberflächenqualität legen. Dies wird sich besonders positiv auf kundenspezifische Anforderungen auswirken, da mit steigender Oberflächenqualität immer besser zahlreiche optische Aufgaben gelöst werden können. Die Erfordernisse neuer Technologien, die auf hochwertigen Optiken basieren, nehmen fortschreitend zu. Einsatzgebiete wie die Luft- und Raumfahrt oder die Erforschung des Meeresgrundes zur wirtschaftlichen Kultivierung rücken mehr und mehr in den Vordergrund und bedürfen immer anspruchsvollerer und leistungsfähigerer Optiken. Sphärische und asphärische Optiksysteme werden auch zukünftig eine entscheidende Rolle bei der ökonomisch effizienten Realisierung von neuen, auf photonischen Lösungen basierenden Anwendungsbereichen spielen.


Über die Autorin

Anna Polinski
Als studierte Kommunikationswissenschaftlerin mit Erfahrungen im Bereich Personalmarketing und Eventmanagement kam Anna Polinski 2016 zu asphericon.